Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz: Die Aufgabe der Kirche ist es, an den Wert von Umkehr, Vergebung und Versöhnung zu erinnern

Aufgabe der Kirche ist es, die Menschen an den Wert von Umkehr, Vergebung und Versöhnung zu erinnern. Die staatlichen Institutionen sind aufgerufen, über praktische Formen der Wiederherstellung der Gerechtigkeit zu entscheiden”, schrieb der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, in einer Erklärung zum „Bericht über die Verluste, die Polen infolge der deutschen Aggression und Besatzung in den Jahren 1939-1945 erlitten hat”.

In der Erklärung merkte der Vorsitzende des polnischen Episkopats an, dass „die in diesem Bericht aufgeworfenen Fragen im Kontext des langjährigen Prozesses der deutsch-polnischen Versöhnung gesehen werden sollten”, an dessen Anfang Brief der polnischen Bischöfe an die deutschen Amtsbrüder aus dem Jahr 1965 stand.

„Jahre später können wir sagen, dass sich dieses Dokument als Prophetisch erwiesen hat. Es hat den Prozess der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen in Gang gesetzt, ohne die begangenen Verbrechen zu ignorieren, ohne die Opfer zu vergessen und ohne uns in einem Gefühl des erlittenen Unrechts zu verschließen”, heißt es in der Erklärung.

Erzbischof Gądecki bemerkte, dass im politischen Leben Barmherzigkeit und Vergebung von Besonnenheit und Gerechtigkeit begleitet sein müssen. Nachdem er Johannes Paul II. zitierte, wies er daraufhin, dass „(…)es besteht kein Widerspruch zwischen Vergebung und Gerechtigkeit. Denn die Vergebung beseitigt noch verringert sie die Forderung nach Wiedergutmachung (Botschaft zur Feier des XXX. Weltfriedenstages, 1. Januar 1997).

„Lass es also unser gemeinsamer Wunsch sein, daß die beiden versöhnten Völker, Polen und Deutsche, ihren Blick auf eine bessere Zukunft richten”, betonte der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz.

Pressebüro der Polnischen Bischofskonferenz

Wir veröffentlichen den vollständigen Text der Erklärung:

Erklärung
des Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz
zum „Bericht über die Verluste, die Polen infolge der deutschen Aggression
und Besatzung in den Jahren 1939-1945 erlitten hat”

Im Zusammenhang mit dem am 1. September 2022 eröffentlichten „Bericht über die Verluste, die Polen infolge der deutschen Aggression und Besatzung in den Jahren 1939-1945 erlitten hat”, möchte ich darauf hinweisen, dass die in diesem Bericht auf geworfenen Fragen im Kontext eines langen Prozesses der deutsch-polnischen Aussöhnung betrachtet soll.

  1. Es begann mit einem Brief der polnischen Bischöfe an die deutschen Bischöfe im Jahr 1965 (Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder vom 18. November 1965). In dem Briefschrieben die polnischen Bischöfe: „In diesem aller christlichsten und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände zu Ihnen hin (…), gewähren Vergebung und bitten um Vergebung”. Dieses Schreiben wurde schnell als eines der wichtigsten Friedensdokumente der damaligen Zeit anerkannt.

Jahre später können wir sagen, dass sich dieses Dokument als prophetisch erwiesen hat. Es begann ein Prozess der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen, ohne die begangenen Verbrechen zu ignorieren, ohne die Opfer zu vergessen und ohne uns im Bewusstsein des erlittenen Unrechts zu verschließen.

2. Der jahrzehntelange deutsch-polnische Versöhnungsdialog wurde in dem Geist geführt, den der heilige Johannes Paul II. wie folgt formulierte: „die Vergebung beseitigt noch verringert sie die Forderung nach Wiedergutmachung, die wesentlich zur Gerechtigkeit gehört. Das begangene Unrecht muss anerkannt und so weit wie möglich wieder gut gemachtwerden (Johannes Paul II., „Biete die Vergebung an, empfange den Frieden”. Botschaft zum XXX. Weltfriedenstag, 1. Januar 1997).

Barmherzigkeit und Vergebung müssen jedoch – vor allem im politischen Leben – von Besonnenheit und Gerechtigkeit begleitet sein. „Es gibt (…) keinen Widerspruch zwischen Vergebung und Gerechtigkeit. Denn die hebt die Notwendigkeit der Wiedergutmachung des Unrechts, die das Gebot der Gerechtigkeit ist, weder auf noch mindert sie sie” (Johannes Paul II., ebd.).

Es ist die Aufgabe der Kirche, die Menschen an den Wert von Umkehr, Vergebung und Versöhnung zu erinnern. Die staatlichen Institutionen sind aufgerufen, über die praktischen Formen der Wiederherstellung des Rechts zu entscheiden. Möge es daher unser gemeinsamer Wunsch sein, dass die beiden versöhnten Völker, Polen und Deutsche, ihren Blick auf eine bessere Zukunft richten.

 + Stanisław Gądecki
Erzbischof Metropolit von Posen
Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz

Translation: T. Sotowska/ Büro für Auslandskommunikation der Polnischen Bischofskonferenz

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